2: Vitamin C - viel hilft viel ??
Vitamin C als Kosmetikwirkstoff
Kundenfrage:
Vitamin C wird ja in der Presse und von zahlreichen Kosmetikherstellern als reinste Wunderwaffe gegen Hautalterung gepusht. Was halten Sie von einem Serum mit 20% Vitamin C, das wird gerade sehr offensiv auf Amazon angepriesen?
Prof. Dr. Michael Schmidt:
Dieses Beispiel zeigt genau das, auf was ich immer wieder hingewiesen habe, nämlich die werbemäßige Fokussierung auf einen (angeblichen) „Wunderwirkstoff“. Das ist natürlich völliger Quatsch. In dem fraglichen Serum wird (mit gutem Grund) nicht das reine Vitamin C (also die Ascorbinsäure), sondern ein Salz der Ascorbinsäure eingesetzt, das Natrium-Ascorbylphosphat.
Ascorbinsäure ist viel zu instabil und reizt die Haut durch seinen tiefen pH-Wert (es ist eben eine richtige Säure). Soviel zu anderen Werbestrategien, in denen mit „reiner Ascorbinsäure“ geworben wird.
Das Wirkoptimum der hier verwendeten Ascorbylphosphate liegt zwischen 0,2 und 5% (je nach Zusammensetzung des Produktes und der gewünschten Wirkung). 20%-Konzentration ist reine Marketingstrategie mit diesem sehr preiswerten (und synthetischen!) Wirkstoff. Die versprochene Unterstützung der Kollagensynthese im Bindegewebe kann besser durch eine Kombination von barrierestärkenden Pflegecremes mit speziellen Nahrungsergänzungsmitteln erreicht werden.
Ascorbylphosphate penetrieren zwar in geringen Mengen durch die Hautbarriere, können aber nicht wie werbemäßig behauptet von der Hautoberfläche ausgehend das Bindegewebe durch Kollagenstimulierung festigen. In Hautpflegeprodukten schützen sie die anderen Inhaltsstoffe vor einer Oxidation und können in der Oberhaut schädliche Freie Radikale abfangen. Insofern sind Vitamin C-Derivate wichtige Kosmetikwirkstoffe. Aber wie gesagt, es kommt nie auf einen alleinigen Wirkstoff an, sondern immer auf die Gesamtkonzeption eines Produktes. So ist bei Vitamin C immer eine Kombination mit anderen Antioxidationsmitteln wie z.B. Vitamin E unbedingt notwendig. Denn Vitamin C und auch Vitamin E neutralisieren zwar die gefürchteten Freien Radikale, indem sie ihnen die dort fehlenden Elektronen abgeben und sie damit „befriedigen“, sie müssen aber durch andere Co-Antioxidantien selbst wieder stabilisiert werden. Fehlen diese Co-Antioxidantien, dann kann Vitamin C sogar selbst als Radikal wirken, also sehr schädlich für die Haut sein. Das ist vor allem in Sonnenschutzmitteln unbedingt zu beachten. Deshalb raten wir ja auch, immer unter der Sonnencreme das MissingLink-Additiv P aufzutragen. So können die schädlichen Freien Radikale sehr effektiv unschädlich gemacht werden.
Und noch eine kleine Anekdote aus dem wahren Leben:
Ich selbst verbinde mit Vitamin C bzw. Ascorbinsäure eine sehr persönliche Geschichte. Es war das erste Molekül, welches ich als ganz junger Student eigenständig hergestellt hatte und war darauf unendlich stolz. Vor allem, weil der damalige Institutsleiter ein genialer, aber unbarmherziger Chemiker war, der es niemals verwunden hatte, dass er nur knapp an einem Nobelpreis vorbeigeschrammt war. Er duldete keinen Fehler und war das Gegenteil eines gütigen Pädagogen. Vor seinen Prüfungen erstarrten wir, nicht so sehr vor Ehrfurcht, eher vor Angst. Ich aß damals löffelweise die selbst synthetisierte Ascorbinsäure, es konnte ja nichts schaden, vielleicht half es ja nicht nur gegen chemische Radikale sondern auch gegen menschliche. Auf jeden Fall hatte ich es damals irgendwie geschafft (Placeboeffekt?) und war sehr erstaunt, dass ich sehr viel später auserkoren wurde, nach seinem Ableben eine Trauerrede für ihn zu verfassen. Um nicht nachtragend zu sein, musste ich hierfür einiges vergessen. Dabei waren mir allerdings etliche Ramazzotti hilfreicher als Vitamin-C-Kapseln.